I day 5

I Neue Ufer

Halten uns an den Strom. Flussabwärts beschleunigen. Gebäudekörper mit mächtigen Volumen lösen sich auf in kleinteilige Reihen, wie Ketten von Perlen oder wie ein Rosenkranz. Modul neben Modul. Vorgarten neben Vorgarten. Vorgelagert ein Strom an Autos. Wir mitten drinnen. Dann wieder Platten neben Platten, vorgehängt an Baukörpern. An sie schmiegen sich Glaskuben, die die Vertikale in ihnen tragen. Diese Körper scheinen wie bei einem Regen vom Himmel gefallen zu sein und haben sich ihre Plätze an den Fassaden gesucht. Verstreut über die ganze Stadt. Vielleicht gab es einmal einen Platzregen? In Magnolia regnet es Frösche, in Linz Lifte. Unter uns ein Ruckeln. Immer wieder überqueren wir Stahl, der für grosses Gewicht geschmiedet wurde. Dann links. Vor uns ein Becken, zwischen Hallen, die sämtliche Baukörper der Innenstadt in den Schatten stellen. Der Maßstab wechselt. Der Raum entrückt dem menschlichen Maß. Weite. Weitsicht. Sichtweiten. Das Auge entspannt sich nach all der Kleinteiligkeit und erfreut sich an glatten Linien, fleckigen Flächen und bunten Körpern, die miteinander ein stabiles Gefüge bilden. Aus den Wasserflächen wachsen Landzungen. An der Spitze scheinbare Zeichen eines Flughafens, unser Wissen um das Areal verwirft diesen Gedanken. Vorbei an dem offiziellen Benenner dieser Räume bestaunen wir den vergessenen „Bartok“ der seiner Zeit voraus sinkt und erfahren dass die max. Liegedauer 2 Wochen beträgt. Also machen wir uns wieder auf zu neuen Ufern.

 

I Bartók, Burg und Baronesse

Die Suche nach einer Gruppe Menschen, die uns in den letzten Tagen immer wieder im Gespräch näher gebracht und genannt wurde, führt uns auf die Suche nach der Industriezeile 33b. Sie führt uns vorbei an spitz gen Westen weisenden Voest - Neubauten, unter Betonverladekränen und Schotterschütten hindurch und über dicht begrünte Dämme hinweg. Die Erzählung der stattgefundenen Hafenhasenjagd im Voest - Gelände klingt noch nach, während der Blick rundum Fauna außerhalb des Wassers sucht. Und er wird fündig. Allerdings keine Fauna, schon gar keine Flora, sondern nur die Wind und Wetter überdauernden Spuren des homo ludensis: eine Miniaturstartbahn, minutiös in die Grasflächen asphaltiert und liebevoll mit Markierung und Orientierungscodes für die sich annähernden Miniaturpiloten versehen. Übersehen geflissentlich das “Betreten-verboten für das gesamte Modellfluggelände” – Schild, um von zwei Vereinsmitgliedern im Gespräch mehr an Informationen erfahren zu können. Die Gefährdung unserer Gesundheit hält sich in Grenzen, da die Rush-hour der Luft erst nach Feierabend bzw. an den Wochenenden einsetzt. Erfahren von der Geschichte dieses Fleckens Miniaturkosmos: gegründet 1981, Rodung der Au inklusive, kurzzeitige Umnutzung der Start- und Landeflächen als Hundekotungsplatz, da als Sportfläche ausgewiesen, langjährige Unsicherheit über die Zukunft dieser Flächen inmitten dieses, von der Voest immer weiter annektierten Teiles von Linz. Erfahren auch Informationen über die unmittelbaren Nachbarn: `Eine Gruppe Menschen, die hier arbeiten. Die einmal vom Dach des Gebäudes Dinge schießen, um diese zu filmen. Man nennt es Projekt. Aber ja, ist schon in Ordnung.´ Auf die Frage nach der Adresse dieser Gruppe die selbstverständliche Antwort: `In der roten Burg.´ Dieser Name ist hier bei Taxi-, Zustell-, und sonstigen Diensten verankert, Industriezeile 33b hingegen ein abstrakter Begriff. Die Orientierung selbst hier, wo die Flächen groß, die Distanzen weit und die Stadt kaum spürbar sind, funktioniert über Konnotationen, von Mensch zu Mensch weitergegeben. Vergleichbar mit einem kleinen, losen Dorf, mitten im internationalen Donauhafen gelegen, zwischen Wohnwagen und Frachtenkahn, zwischen Bartók und Baronesse.