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I 06 Das Da Draussen

Daunenjacken haben ausgedient. Die Stimme im Radio nennt Zahlen im zweistelligen Plusbereich und ich spüre den Frühling.

Die Strassen werden begangen, bestanden und besetzt. Die Menschen agieren in einem Draussen, das die letzten Monate nicht bespielbar schien. Doch heute trifft man sich im Leben, das von Sonnenstrahlen gewärmt noch lebenswerter wird. Die unberührten Plätze und Strassen des Novembers werden in eine neue Zeit geleitet.

Man kann Kinder beobachten in Hinterhöfen, Erwachsene, die sich über ihr erstes Eis des Jahres freuen und Verliebte, die sich in der Sonne gleich noch ein bisschen mehr verlieben. Freue mich über das Tun der Menschen und beobachte erwachte Gespräche und frische Augen.

Das Draussen schien heute als Teil jedes Einzelnen, ausserhalb der winterverschlafenen Privathöhlen. Es wurde benutzt, genossen und als ein Eigen definiert.

I 06 Mitten durch die Nacht

Fahren, Kopf loslassen vom Tag, Gedanken schleifen lassen durch die Strassen, Zeit nehmen, Zeit haben, Augen aufmachen, durchatmen.

Lasse mich leiten von der Geschwindigkeit der Stunde. Fahre durch Seitenstrassen, Wohnwege, Fussgängerpfade. Sehe Menschen. Jung und alt. Alleine oder gemeinsam. Sie eilen nicht, sondern schlendern, lassen sich treiben. Reden. Erzählen. Schauen zu den Sternen. Fühlen die erste Wärme einer Nacht in diesem Jahr.

Sie scheinen keine Zeit zu kennen, die Uhren gut verschlossen zu haben in den Schubladen des Winters. Ich sehe sie, und mir wird bewusst, dass ich sie noch nie gesehen habe. Nicht in dieser Stadt, nicht in dieser Stunde, nicht in diesen Strassen. Habe mich selbst verborgen vor dem Zeit nehmen und Zeit lassen, inmitten der Dunkelheit. Gefühle wie verlassen oder allein sein scheinen ebenso verschlossen zu sein, wie die Wichtigkeit der Uhrzeit. Mit jedem tritt in den Pedalen eröffnet sich mir die Stadt mehr. Sie scheint sich auszuweiten in Zeiten, die als solche der Privatheit überlassen waren. Was ist es, was diese Grenzen und Mauern aufheben kann und die Menschen in ihre Stadt lockt?

Mir kriecht die warme Luft in jede Ritze, sie hat sich endgültig ausgetauscht gegen feuchte Kälte. Sie treibt hinaus, mich hinaus, in die Menschen der Stadt, zusammen durch unsere Stadt. Ich fange langsam an, wieder mehr Zuneigung an diese Stadt zu spüren.